Krisen als Teil des Entwicklungsprozesses verstehen

In einer Schule mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung gehören auch Krisen zum Alltag – sie sind kein Scheitern, sondern eine Gelegenheit zur Entwicklung. Kinder in emotionalen Krisen brauchen vor allem eines: Sicherheit in Beziehung.

Unser Ansatz basiert auf den Prinzipien der Bezugspädagogik, der bezogenen Individuation und der hypnosystemischen Arbeit. Das bedeutet:

  • Wir bieten Halt, ohne einzuengen.
  • Wir nehmen Krisen ernst, ohne sie zu dramatisieren.
  • Wir intervenieren mit Klarheit und Ruhe, nicht mit Strafe und Eskalation.

Jede Krise ist individuell, jede Lösung muss es auch sein. Es gibt kein ‚Schema F‘ an unserer Schule. Unser Ziel ist es, unsere Schülerinnen und Schüler aus der Überforderung zurück in die Selbstregulation zu begleiten, ohne ihre Würde oder Selbstwirksamkeit zu untergraben.

Rechtliche Rahmenbedingungen – Schutz für alle Beteiligten

1. Kinderschutz & Fürsorgepflicht
Unsere Arbeit basiert auf § 42 SGB VIII (Inobhutnahme bei Gefährdung) sowie § 34 Schulgesetz NRW (Erzieherisches Handeln und Ordnungsmaßnahmen).

  • Das Kindeswohl steht immer an erster Stelle.
  • Wir sind verpflichtet, Kindeswohlgefährdungen zu erkennen und zu handeln.
  • Wir arbeiten mit den zuständigen Jugendämtern und Fachdiensten zusammen.

2. Schutz der pädagogischen Fachkräfte – Arbeitsschutz & Deeskalation

  • Lehrkräfte haben das Recht und die Pflicht, sich selbst und andere zu schützen.
  • Deeskalation hat Vorrang, aber pädagogisches Festhalten kann notwendig sein.
  • Arbeitsschutzrechtlich sind Maßnahmen zur Gefahrenabwehr gedeckt.

3. Pädagogisches Festhalten bei akuter Gefährdung
In Fällen von akuter Selbst- oder Fremdgefährdung kann das pädagogische Festhalten angewendet werden – rechtlich gedeckt durch § 32 StGB (Notwehr) und § 34 StGB (Rechtfertigender Notstand) sowie durch das Schulrecht NRW.

  • Nur so lange wie nötig, so wenig wie möglich.
  • Dokumentation der Maßnahme erfolgt gemäß Datenschutzrichtlinien.
  • Sorgeberechtigte und ggf. externe Fachstellen werden informiert.

4. Ordnungsmaßnahmen
Im Rahmen von Kriseninterventionen und zur Wahrung der Ordnung an der Schule können Ordnungsmaßnahmen gemäß § 53 SchulG NRW zur Anwendung kommen, wenn andere Hilfen und Maßnahmen nicht ausreichen oder die Sicherheit der Schulgemeinschaft gefährdet ist.

  • Dies umfasst auch temporäre Maßnahmen wie eine Auszeit oder zeitlich befristeten Ausschluss aus dem Unterricht, um die Situation zu deeskalieren.
  • Solche Maßnahmen erfolgen immer verhältnismäßig und in enger Abstimmung mit den Eltern.

Hypnosystemische Prinzipien in der Krisenintervention

  • Bezogenheit statt Isolation – Das Kind bleibt in Beziehung, auch wenn es sich entzieht.
  • Fokus auf Regulation statt Strafe – Wir helfen dem Kind, sich selbst wieder in Balance zu bringen.
  • Sprache als Wirklichkeitskonstruktion – Krisen eskalieren oder deeskalieren durch unsere Kommunikation.
  • Ressourcen statt Defizite – Wir erinnern das Kind an bereits erlebte Lösungen.

Einsatz der Stimme

Unsere Stimme ist ein zentrales pädagogisches Werkzeug – sie kann beruhigen oder verunsichern, deeskalieren oder eskalieren.

  • Ruhe statt Überstimulation – In Krisen nutzen wir eine klare, ruhige und strukturierte Sprache, um Sicherheit zu vermitteln.
  • Lautstärke gezielt einsetzen – Ein bewusst erhöhter Stimmgebrauch kann situativ erforderlich sein, um in einer akuten Eskalation durchzudringen oder Schutzmaßnahmen anzukündigen.
  • Pädagogische Wirksamkeit – Eine gezielt eingesetzte Stimme kann Kinder wieder in Beziehung bringen, Orientierung geben und zu einer schnellen Deeskalation beitragen.

Rechtlicher Rahmen: Lautes Sprechen ist keine verbale Gewalt, sondern kann in akuten Gefahrensituationen notwendig sein. Schreien aus Frustration oder Demütigung ist hingegen unzulässig.

Sprache als Wirklichkeitskonstruktion – „Ich bleibe hier und passe auf dich auf“ wirkt anders als „Hör auf, sonst…“. Wir setzen unsere Stimme ein, um Sicherheit zu geben, nicht um zu drohen.

Kooperation & Datenschutz

Krisenintervention endet nicht in der Schule. Wir arbeiten im Bedarfsfall eng mit externen Fachkräften zusammen, u.a.:

  • Schulpsychologische Beratungsstellen
  • Kinder- und Jugendpsychiatrie
  • Jugendhilfe & ASD (Allgemeiner Sozialer Dienst)
  • Erziehungsberatungsstellen

Datenschutz (DSGVO, SchulG NRW § 120 ff.):

  • Personenbezogene Daten werden nur mit Einwilligung der Sorgeberechtigten weitergegeben.
  • Im akuten Gefährdungsfall (§ 8a SGB VIII) besteht Meldepflicht an das Jugendamt.

Fazit: Sicherheit in Beziehung statt Eskalation in Isolation!

Unsere Krisenintervention ist kein Maßnahmenkatalog, sondern ein dynamischer Prozess: klar, sicher, bezogen und lösungsorientiert!

Wir schützen, begleiten und stärken – das Kind, das System und uns selbst. 

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